Wie alles begann...
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Ein bedeutsames Absatzgebiet für die Brüder Assmann waren die österreichischen Gebiete Galizien und ein Teil von österreichisch Schlesien, der nach 1918 Polen angeschlossen wurde. Assmann exportierte Fahrradteile auch nach dem Ersten Weltkrieg nach Polen, nur war die Abwicklung aufgrund hoher Zollgebühren unbefriedigend.
Emmerich Assmann von den Assmann-Werken und Ernst Weikert von den Achilles-Werken überdachten 1928 die Möglichkeiten der Errichtung eines Zweigwerks in Polen. Sie reisten nach Kattowitz und Bielitz und trafen sich mit Herrn Zipser, einem ehemaligen Schulfreund von Assmann. Zipser, Unternehmersohn der Firma Zipser & Söhne, die einige Textilfabriken im polnisch-schlesischen Raum führten, war einer Fabrikgründung sehr aufgeschlossen. Nach drei gemeinsamen Besuchen war man sich einig, ein Unternehmen zur Produktion von Fahrradteilen zu errichten. Für die Herstellung von Sätteln, Taschen, Felgen, Schutzblechen, Speichen und Nippeln wurden die Maschinen und Werkzeuge vom Assmann-Werk in Leibnitz/Österreich zur Verfügung gestellt, während die Maschinen zur Produktion von Lenkern, Gabeln und Fahrradrahmen aus dem Werk Ober-Politz geliefert wurden.
Das Barkapital, sowie die Lackiererei und Galvanik wurden von beiden Firmengründern je zur Hälfte bereitgestellt.
Damit bei Aufzählungen von neuen Fabriken das Werk ganz oben auf den Listen steht, wurde der Firmenname „Apollo“ gewählt.
Aufgrund der unsicheren Situation in Polen wurde anfangs nicht viel riskiert, so dass die Räumlichkeiten lediglich angemietet wurden. Diesbezüglich wurde ein Angebot der Firma Zipser & Söhne angenommen, die einen Teil ihres Betriebes in Bielitz für Apollo freimachten. Diese Räume, ursprüngliche Ställe und Vorratsschuppen, mussten entsprechend eingerichtet werden. Nach einer verhältnismäßig kurzen Anlaufzeit beschäftigte das neue Unternahmen bereits 100 Mitarbeiter und geriet durch die ungenügenden Räumlichkeiten schnell an die Grenzen.
Erwerb eines Betriebsgeländes
Nach circa fünf Jahren waren die Firmengründer zu dem Entschluss gekommen, dass das Risiko des Kaufs eines Betriebsgebäudes überschaubar geworden war. Auf der Suche nach einer neuen Immobilie wurde die ehemalige Drahtstifte-Fabrik „Polska-Moravia“ in Czechowitz bei Dzieditz gekauft, die 1933 nach dem Brand eines großen Werkstattgebäudes stillgelegt worden war. Für das Objekt forderten die Eigentümer ursprünglich 550.000 Zloty, verkauften jedoch 1935 nach langen Verhandlungen mit Assmann und Weikert für nur 135.000 Zloty.
Für Assmann und Weikert war der Kauf der Immobilie sehr günstig, verfügte das Objekt, das sogar Industriegleise besaß, über eine zusammenhängende Fläche von 61.000 Quadratmetern, von denen 6.000 Quadratmeter bebaut waren. Die Objekte bestanden aus einem zweigeschossigen Wohnhaus, in dem sich nicht weniger als 12 Zimmer, 4 Kabinette und 4 Küchen befanden, sowie aus 5 Werkstattgebäuden mit einem Heizhaus und einem 35 Meter hohen Schornstein.
Um das ganze Werk aus eigener Kraft zu versorgen, wurden ein Dampfkessel mit Dampfmaschine und ein Drehstromaggregat mit 136 KwA angeschafft.
Bis 1935 leitete Rudolf Geymayer, ein persönlicher Freund von Emmerich Assmann, das Apollo-Werk. Nach der Heirat mit der Tochter einer großen Eisen- und Metallhandelsfirma, verlangte Geymayers Schwiegervater den Eintritt in seine Firma, was er tat. Ab 1945 sollte Geymayer jedoch Direktor im Assmann-Werk in Leibnitz/Österreich werden.
Die Nachfolge bei Apollo trat sein Bruder Ingenieur Hermann Geymayer an, der nach dem Krieg, ab 1946, ebenfalls bei den Gebrüdern Assmann arbeitete und später die Elektroabteilung übernahm.
Bis 1938 betrug die Anzahl der Beschäftigen 300, und es wurden Felgen, Schutzbleche, Speichen, Nippel, Sättel und Taschen erzeugt, wobei die Satteldecken von der Firma „Kromolovsky“ aus Kattowitz bezogen wurden. Des Weiteren wurden Gabeln, Lenker und Fahrradrahmen hergestellt – in späteren Jahren sogar ganze Fahrräder.
Beliefert wurden Fahrrad- und Fahrradteile-Großhändler wie „Kapellner“ in Kattowitz, „Peterson & Helwig“ in Danzig und „Hurtovnia“, „Brüder Ochsenberg“, „Renoma“, „Blazkovsky“ und „Bliembaum“ in Warschau. Der hervorragende Absatz verdankt das Unternehmen auch seinem ausgezeichneten Verkäufer, dem Vertreter Jakob Silberstein.
1938 wurde ein Umsatz von rund 1 Million Zloty erzielt. Der Gewinn betrug dabei 113.000 Zloty.
Nach der Einbeziehung in das Großdeutsche Reich wurde die Speichen- und Nippelerzeugung sowohl von Leibnitz/Österreich, wie auch von Höflitz bei Ober-Politz ins Apollo-Werk verlegt.
Apollo war nach der Firma „Bergunion“ mit jährlich 50 Millionen Speichen mittlerweile der zweitgrößte Speichenerzeuger des Reiches.
Die großartige Entwicklung des Apollo-Werkes geht auch aus dem Einheitswert zum 1. Januar 1941 hervor. Dieser betrug 1.308.700 Reichsmark – zur selben Zeit betrug der der Firma Assmann nur 1.005.000 Reichsmark.
Das Land Polen unternahm mehrfach Versuche, dass erfolgreiche Apollo-Werk nach Radom zu verlegen und eine polnische Beteiligung von 51 Prozent durchzusetzen, was jedoch erfolgreich abgewehrt werden konnte.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden kriegsbedingt auch Laternenteile, Stacheldraht und Stolperdrahthindernisse produziert. Zur Zeit des Krieges wurden im Werk 500 Mitarbeiter und eine Anzahl von Heimarbeitern beschäftigt, und nach Kriegsende fiel das Werk unbeschädigt in die Hände der Polen.
Für den Hälfte-Anteil des Herrn Emmerich Assmann Senior zahlte die polnische Regierung im Jahr 1976 eine Entschädigung in Höhe von 663.250 Zloty nach den Bestimmungen des österreichischen Staatsvertrages.