Achilles Mopeds unter anderem Namen in England
Die Achilles Geschichte wird fortgesetzt
Nach ihrer Rückkehr aus Frankreich gegen Ende des ersten Weltkriegs gründeten die Brüder Charles und Fred Norman ihr Geschäft für Rahmenherstellung, Emaillierung und Metallbeschichtung unter dem Namen „Kent Plating & Enamelling Co“ in einem Gartenschuppen in Ashford, England.
Mit der Produktion von Fahrrädern in den 1920er Jahren verlegten sie die Firma in die Victoria Road in Ashford, um dem wachsenden Bedarf an Räumlichkeiten gerecht zu werden. Als die Gebrüder Norman 1935 eine Fabrik in der Beaver Road in Ashford bauen ließen, benannten sie ihr Unternehmen in „Norman Cycles Limited“ um. Ab 1938 wurde ein schwereres Fahrrad mit einem kleinen Motor, ein sogenanntes Autocycle, hergestellt. Später war diese Art Fahrzeug als Moped bekannt geworden. Neben den Fahrrädern produzierte Norman auch leichte Motorräder mit Motoren der Hersteller Villiers, Sachs und British Anzani.
In den 1950er Jahren waren zudem die Kinderfahrräder von „Nobby Norman“ und die Sportfahrräder von „Norman Invader“ sehr beliebt. Die Fabrik sponserte eine Reihe von professionellen Radfahrern, darunter Les Pantry, die auch in der Werbung und Werbeaktionen eingesetzt wurden. Weniger bekannt waren die auf Bestellung gefertigten Handwerkerräder, Dreiräder und spezielle Zirkusräder.
Fahrräder und Motorräder wurden später auch unter der Marke Rambler nach Mittelamerika, Malaya, Kanada und anderen Commonwealth-Ländern exportiert. Auf ihrem Höhepunkt produzierte Norman 5.000 Fahrräder, 600 Mopeds und 120 Motorräder wöchentlich.
Von 1938 bis 1961 wurde eine Reihe von leichten Motorrädern und Mopeds hergestellt. Die ersten motorisierten Normans waren das „Motobyk-Autocycle“ und das „125 ccm-Leichtbaumotorrad“. Während des Zweiten Weltkriegs wurden neben Fahrrädern auch kleine Fallschirmjäger-Motorräder und das Rudge-Autocycle hergestellt.
Die Nachkriegspalette bestand hauptsächlich aus Autocycles und Einzylinder-Motorrädern mit 122, 149 und 197 ccm Villiers-Motoren. 1955 kam eine 250 ccm Zweizylindermaschine mit britischem Anzani-Motor auf den Markt.
Um 1950 wurde Norman Cycles Limited von „Tube Investments“ übernommen, die den Namen „Raleigh“ für Fahrräder verwendeten. Charles und Fred Norman leiteten das Geschäft jedoch weiter. Später gegründete Tube Investments die Tochtergesellschaft „British Cycle Corporation“ zu der 1956 die Firmen Armstrong, Norman Cycles Limited, Sun Cycles, Phillips Cycles und Hercules Cycles gehörten.
Aus Achilles Capri wird Norman Nippy
1954 begann Norman mit der Planung einer Moped-Produktion von 40 bis 60 Maschinen pro Tag und stellte im November 1955 das Norman Nippy Mark 1-Moped mit 1,25 PS Sachs Motor auf der „Earls Court Motor Cycle Show“ vor. Das Nippy wurde in Lizenz der deutschen Firma Achilles Werke-West GmbH vertrieben, die das Moped selbst unter dem Namen „Capri“ herstellten. Der ersten Nippy-Mopeds waren in den Niederlanden hergestellte „Germaan Capri“-Mopeds, die dort in Lizenz durch die Firmen „Rijwielindustrie van Werven“ in Meppel und „Unioin Rijwielfabriek“ in Den Hulst produziert wurden. Die Vermarktung der gleichen Mopeds erfolgte in den Niederlanden unter den Modellnahmen „Union Capri“ (mit Ilo-Motor) und „Germaan-Capri“ (mit Sachs-Motor).
Führende Fahrrad- und Motorradfabriken in England hatten mit den Achilles-Werken einen Vertrag abgeschlossen, wonach Achilles 10.000 Satz Rohteile zur Fertigstellung und zum Verkauf nach England liefert. Anfangs verwendete Norman sogar das Prospektmaterial der Achilles-Werke für seine Werbeliteratur und ersetzte lediglich den Markennamen Achilles durch Norman.
Nachdem das Nippy Mark 1 in England populär und gut verkauft wurde, stellte Norman im November 1956 das Nippy Mark 2 auf der „Earls Court Motor Cycle Show“ vor, das auf der Achilles Capri-Kolbenrahmenversion basierte. Das ursprüngliche Nippy Mark 1 mit starrem Rahmen wurde im Januar 1957 eingestellt.
Nun wird auch das Achilles-Lido in England gebaut
Norman kaufte mit finanzieller Unterstützung der „Tube Investments Group“ das entsprechende Werkzeug, die Pressen und Rechte der Achilles-Werke West GmbH, die finanziell mittlerweile in Schieflage geraten waren. Auch einige der ehemaligen Achilles-Mitarbeiter zog es nach Ashford, als sich das Ende des deutschen Werkes ankündigte. Norman war es nun möglich, das letzte von den Achilles-Werken produzierte Moped-Modell „Lido“ ab 1958 in Ashford zu fertigen. Im gleichen Jahr schlossen sich die Werkstore der Achilles-Werke in Langewerth/Deutschland für immer.
Die Firma „Curry’s“, ein britischer Elektroeinzelhändler, wurde fortan als offizieller Verkaufshändler für die Norman-Modelle Nippy und Lido verpflichtet. Obwohl die letzte deutsche Produktion der Achilles Lido im November 1957 erfolgte, erschien in der April-Ausgabe 1958 des Magazins „Power & Pedal“ eine ganzseitige Anzeige von Curry‘s, die das Lido-Moped auf 65 Guineen reduziert anboten. Es scheint, dass Curry’s die verbleibenden bankrotten Achilles-Aktien erworben hatte, um sie auf dem britischen Markt abzuwickeln.
Mit Villiers‘ Einführung des 3K-Moped-Motors begann Norman mit der Überarbeitung seiner Modelle, um diesen Motor künftig zu integrieren. Auf einer Pressemitteilung in Lydd, Kent, zeigte Norman ein Nippy Mark 2 mit Plungerrahmen und Sachs-Motor zusammen mit einem neuen Lido 3K-Modell.
Der Villiers 3K-Motor wird fortan der neue Standard für Lido- und Nippy-Modelle. Als Sonderbestellung wurden weiterhin das Nippy Mark 2 und die Lido für das Jahr 1959 mit einem Sachs-Motor angeboten, da Norman immer noch Lagerbestände besaß und vertraglichen Verpflichtungen mit Fichtel & Sachs nachzukommen hatte.
Variantenreichtum und Design-Veränderungen
Wegen der neuen Villiers-Motoren und den damit verbundenen Anpassungen wird ab November 1958 die Nippy Mark 2 Typ-2-Variante eigeführt. Der Capri-Plungerrahmen wurde mit dem kompletten Lido-Vorderbau, bestehend aus Gabelsatz, Scheinwerfergondel, Kotflügel vorn und Lenkerkonsole ausgestattet; der hintere Kotflügel der Lido wurde auch hinten passend angebracht, und der frühere kontinentale Pressform-Kettenschutz wurde für eine einfache, gebogene Stahlplatte weggelassen. Das Nippy ähnelte nun sehr der Lido.
Beim Lido-Modell wurden die Motorverkleidungen zu einfachen gestanzten Schlitzen modifiziert, weshalb die eingelegten Aluminiumgussgitter der Achilles-Lido weggelassen wurden. Es ist unklar, ob diese Änderung aus Gründen der Kosteneinsparung oder aus Notwendigkeit erfolgte, da die Gussformen mit Legierungsgitter möglicherweise nicht mit dem Rest des Werkzeugsatzes von Achilles geliefert wurden. Da Norman nun Amal-Schalt- und Gashebel-Sets anstelle der ursprünglichen invertierten Lenkergarnitur einbaute, waren jetzt alle außerhalb der Lenkerkonsole verlegten Kabel sichtbar geworden.
Obwohl das ursprüngliche Achilles-Design verwässert wurde, war das zweifarbige Norman Lido-Moped immer noch ein auffälliges Moped.
Außerdem gab es eine Reihe weiterer Anpassungen verschiedener Armaturen vom britischen Markt. Radnaben wurden von Sachs auf British Hub Company umgestellt, Tankstutzen und -deckel geändert und die Tankarmatur von metrischer Armatur auf 1/8 Zoll Gasgewinde umgestellt, um einen Ewarts-Benzinhahn unterzubringen.
In Vorbereitung auf das Jahr 1960 teilte Norman im September 1959 die Einstellung der Sachs-Motoroptionen für das Nippy Mark 2 und die Lido mit. Im Oktober 1959 wurde zudem die Einstellung des Nippy Mark 2 mit Villiers 3K-Motor bekannt gegeben. Im November 1959 nahm Norman dann ebenfalls das Lido mit Villiers 3K-Motor aus dem Programm. Es erscheint, als wenn Norman sein gesamtes Moped-Sortiment einstellte, aber nur wenige Wochen später kündigte das Unternehmen eine Auswahl neuer Modelle an. Aus dem Lido wurde das neue „Super Lido“, das neue Farbschemen besaß und mit einem 2,2 PS-Sachs-Motor ausgestattet war.
Nach dem Umbau der Presswerkzeuge des Lido-Rahmens mit austauschbaren Einsätzen, wurde die Bildung eines integrierten Benzintanks geschaffen. Diese Option führte zur Produktion der neuen, im Dezember 1959 eingeführten, Nippy-Modelle Mark 3 mit angeschraubtem starrem Heckrahmenteil und MiVal-Automatikmotor und dem Mark 4 mit schwingengefederten Heckrahmen und Villiers 3K-2-Gang-Motor.
Das Nippy Mark 3 wurde in der Verkaufssaison 1961 ebenso wie das Super Lido neu gelistet, bis alle Sachs-Motoren verbaut waren und die Modelle später im Jahr offiziell eingestellt wurden.
Im April 1961 wurden bevorstehende Schließungen von Norman in Ashford und anderen Herstellern angekündigt. Es war geplant, dass die gesamte Produktion der British Cycle Corporation-Gruppe in einer neuen motorisierten Abteilung mit Sitz in der Downing Street, Britannia Works, konzentriert werden sollte. Die Preise für das Norman Nippy Mark 3 wurden im Juli 1961 auf nur 42 £ dramatisch gesenkt, um die Restbestände dieses Modells am Ende der Hauptverkaufssaison zu veräußern.
Charles und Fred Norman gingen in den Ruhestand, und die Ashford Werke schlossen am 30. August 1961 ihre Pforten.
Nach dem Abschied der Gebrüder Norman
Damit endet unsere Geschichte nicht, denn im September 1961 führte die British Cycle Corporation-Gruppe Motoren des französischen Hersteller Motobécane in die neuen Modelle Nippy Mark 5 und Lido Mark 3 ein, die weiterhin unter dem Markennamen Norman vertrieben wurden. Die Modelle basierten auf den bestehenden Modellen RM4 und RM5 des britischen Herstellers „Raleigh“. Diese Firma benannte sich übrigens nach der Straße, in der sie ansässig war, der „Raleigh Street“. Im Jahr 1962 vermarktete Raleigh das Nippy Mark 5 und das Lido 111 als Norman-Modelle (Präfix 1N Nippy und 2N Lido), aber sie waren im wesentlichen Raleigh-Modelle, die von Motorbécane in Frankreich hergestellt wurden. Einige Nippy Mark 4 wurden von Raleigh verkauft.
Die frühere Ankündigung der Verlagerung aller Moped-, Roller- und Motorradproduktionen in die Downing Street, Britannia Works in Birmingham hat nie stattgefunden!
Der englische Glass’s Index der Moped-Registrierungsnummern listet die Norman Nippy Mk3- und Super Lido-Modelle als „eingestellt 1961“, obwohl eine kleine Anzahl von „nicht gelisteten“ Norman Lidos mit Villiers 3K-Motor Ende 1961, Anfang 1962 auftauchte, um anscheinend die restlichen Lido-Rahmenbestände und Sachs-Motoren zu verbauen.
Diese endgültigen Lidos trugen nur einen einfachen Kettenschutz und schienen kaum mehr als das grundlegende Nippy Mark 4 mit eingebautem Benzintank zu sein.
Im Februar 1963 registriert, zeigt die Rahmennummer AU5609 ein Beispiel für diese letzten Lidos, die nach der Schließung der Norman Werke Ende August 1961 in Nottingham aus Restteilen zusammengebaut worden sein könnten.
Innerhalb von nur fünf Jahren wurde Achilles‘ beworbenes „Moped der Zukunft“ zum „Moped der Vergangenheit“.
Modellgeschichte Norman Nippy
Nippy Mark 1
Starrer Capri-Rahmen, Capri-Gabel, Scheinwerfergondel aus Stahl, Sachs 2-Gang-Motor. Gelistet von November 1955 bis Januar 1957.
Nippy Mark 2 (Typ 1)
Plunger Capri-Rahmen, Capri-Gabel, Scheinwerfergondel aus Stahl, Kotflügel mit kontinentaler Wertung, Sachs 2-Gang-Motor. Gelistet von November 1956 bis September 1959.
Nippy Mark 2 (Typ 2)
Plunger Capri-Rahmen, Lido-Gabel, ab sofort übernommene Lido-Scheinwerfergondel aus Kunststoff, Lido-Schutzbleche, Villiers 3K 2-Gang-Motor. Gelistet von November 1958 bis Oktober 1959.
Nippy Mark 3
Rahmen im Lido-Stil mit integriertem Benzintank, Lido-Gabel, Schwinge deaktiviert durch starre Rohrstreben anstelle von Federelementen, Lido-Schutzbleche, Mi-Val-Automatikmotor. Gelistet von Dezember 1959 bis November 1961.
Nippy Mark 4
Rahmen im Lido-Stil mit integriertem Benzintank, Lido-Gabel, Hinterradschwinge, Lido-Schutzbleche. Villiers 3K 2-Gang-Motor. Gelistet von Dezember 1959 bis Mai 1962.
Nippy Mark 5
Starrer Rahmen Motobécane, Teleskopgabeln, Mobylette-Automatikmotor. Gelistet von September 1961 bis Juli 1963.
Zeitleiste:
Norman Moped-Modelle:
Jahr
1956 |
Modell
Nippy |
Motor
Sachs |
Hubraum in ccm
50 |
Quellen:
Mark Daniels, 2010, Back to the Future, http://www.icenicam.org.uk/articles2/art0033.html
Mark Daniels, Februar 2005, Journey’s End, http://www.users.globalnet.co.uk/~pattle/nacc/arc0549.htm
Unbekannter Autor, o. D., Norman Motorcycles, https://www.normanmotorcycles.org.uk/club-history
Andrew Paddle, The Moped Archive, Under-100 Index 1950-1988, http://www.users.globalnet.co.uk/~pattle/nacc/arc0431.htm
Galerie "Norman Cycles Limited“
Achilles Lido, Foto welches für das Prospekt der englischen Firma Norman Cyclings Ltd., 1957 genutzt wurde